
Kapitel 3.5
Wildschäden
3.5 Schutzmöglichkeiten
3.5.1 Vorbeugung durch waldbauliche Maßnahmen
Bei der Waldbewirtschaftung gibt es Möglichkeiten, vorausschauend Wildschäden mindern oder vermeiden zu können. Erfolgt die Bestandesbegründung mit zu engem Pflanzenabstand, schließen sich solche Kulturen sehr früh: Die Einstandsqualität steigt, die Äsung verschwindet wegen Lichtmangels rascher, es bleiben nur noch Forstpflanzen zum Verbiss.
Im Rahmen des Waldumbaus wäre es möglich, Brombeeren oder Lichtungen mit Kräutern und Gräsern, oder Weichholz wie Birken und Pappeln wachsen zu lassen, die dem Wild ebenfalls gut schmecken (wie man Licht zum Waldboden bringt, wird im Kapitel „Durchforstung“ behandelt). Außerdem empfehlen wir, Baumarten gruppenweise einzubringen, damit die Individuen im Gruppeninneren eine größere Chance haben, unversehrt zu bleiben. So könnte man den Verbiss von wirtschaftlich relevanten Baumarten reduzieren.
3.5.2 Bejagung
Im ersten Schritt sollte man sich mit den zuständigen Jagdbeauftragten beraten und die Situation einschätzen. Liegt tatsächlich ein Schaden vor oder droht dieser? Welches Wild hat den Schaden verursacht?
Ist die Wilddichte tatsächlich zu hoch und das zukünftige Bestandesziel gefährdet, muss eine Bejagung erfolgen.
Mögliche Arten der Jagd
Jagdstrategien
- Intervalljagd:
Regelmäßige und großflächige Jagd, um Wildbestand gering zu halten. Dafür werden Gebiete ausgewiesen, wo auf kurze Perioden der Jagd lange Ruheperioden folgen, um das Wild durch die Ruheperioden wieder vertrauter zu machen. Die Intervallregulierung ist von allen Jägerinnen und Jägern einzuhalten.
- Schwerpunktbejagung:
Jagd an ca. 3-7 Flächen, die täglich besetzt werden, durch Beunruhigung wird Wild vergrämt (z. B. zum Schutz der Aufforstung). Für ein Schwerpunktjagdgebiet sollte jeweils ein/e Jäger:in verantwortlich sein, die Jagd kann aber von mehreren gemeinsam durchgeführt werden (z. B. durch Gemeinschaftsansitz).
Jagdmethoden
- Ansitzjagd: Jäger:in wartet zur Bejagung im Ansitz an häufigem Aufenthaltsort
- Pirsch: Jäger:in schleicht sich gegen den Wind an
- Kirrjagd: Wild wird mit Futter an einem bestimmten Ort gelockt
- Bewegungsjagden:
Werden eingesetzt, wenn Wild nicht sichtbar ist (Bewuchs schon zu hoch) oder wo keine freie Schussbahn besteht. Man treibt es also aus den Verstecken heraus. Da dies im steilen Gelände schwierig ist, finden Bewegungsjagden meistens nur in der Ebene statt.
– Drückjagd: Findet im Wald auf Schalenwild (Hirsche, Rehe, Wildschwein) statt.
– Treibjagd: Findet meist auf dem Feld und auf Niederwild (Hasen, Fasane, etc.) statt.

Abbildung 9. Hochsitz im Schwarznuss-Bestand (Steiermark) (Quelle: Anna Walli)
Jede Methode hat seine Vor- und Nachteile und hängt auch davon ab, ob man sich in einem Wirtschaftswald im Flachland oder einem Schutzwald im Gebirge befindet und wie es im jeweiligen Landesjagdgesetz geregelt ist. Die Jagd muss jedenfalls gut durchdacht sein und im richtigen Ausmaß durchgeführt werden. Es ist ein verbreiteter Irrtum anzunehmen, dass viele Abschüsse viel Schaden verhindern. Eine flächendeckende verstärkte Bejagung über längere Zeiträume würde wahrscheinlich dazu führen, dass die Tiere weiter in die Ecke gedrängt werden, sich also in Bereiche zurückziehen, wo sie eigentlich nicht hinsollen (Dickungen, Einstände). Eine Möglichkeit, dies zu umgehen, ist eine konzentrierte Jagd um die Aufforstungsflächen herum (Schwerpunktbejagung) und Einrichtung von Ruhezonen (s. nächster Punkt) an anderer Stelle, um die Schwerpunktbejagung mit einer Intervalljagd zu kombinieren. Bei Ansitzjagd sollte man zusätzlich darauf achten, den Standort regelmäßig zu wechseln, z. B. mithilfe mobiler Ansitze. So kann man großflächiger jagen, ohne das Wild ausschließlich zu vergrämen (wenn man erst eine halbe Stunde zum nächsten Ansitz laufen muss, bekommt das Wild das auch mit und läuft davon).
Auch Drückjagden im Spätwinter könnten sich kontraproduktiv auswirken, da die Tiere im Winter ohnehin weniger Nahrung zu sich nehmen. Der Jagddruck lässt das Wild mehr Energie verbrennen, wodurch es möglicherweise dazu gezwungen wird, vermehrt zu äsen (Winterschälung nimmt zu).
Wenige, gut organisierte Drückjagden können bei hoher Erfolgsrate (vielen Abschüssen) den zeitlichen Jagddruck senken. Durch räumliches Verteilen des Jagddruckes lässt sich Wild ebenso lenken, wie durch zeitlich wie örtlich begrenzte Einhaltung von Ruhezonen. Wo Wild sein darf oder soll, muss es vertraut sein können, was vor allem Äsungsplätze und Fütterungen betrifft. Umgekehrt ist die Anlage von Hegeeinrichtungen nahe gefährdeter Bestände (Kulturen, Stangenholz) wegen der Provokation von Schäden zu vermeiden.
Freihalteflächen
Es ist sinnvoll, sich Bejagungsbereiche zu schaffen, wie z. B. Schneisen mit Wegebegrünungen oder Verbissstreifen, wo sich das Wild gerne aufhält, damit man es leichter sichten kann.
BFW-Tipp:
Freihalteflächen erleichtern die Rehbejagung (waldwissen.net)
Ruhezonen
Wildruhezonen sind spezielle Gebiete, die zum Schutz von Wildtieren vor menschlichen Störungen ausgewiesen werden. Diese Zonen ermöglichen es den Tieren, sich ungestört zu bewegen, zu fressen, zu ruhen und sich zu vermehren. Der Schutz von Wildruhezonen ist wichtig, um die Verjüngung von klimafitteren Baumarten zu fördern, denn wie zuvor beschrieben, können Störungen und Jagddruck zu stärkerem Verbiss im Wirtschaftswald führen.
Meist kümmern sich Jagdausübungsberechtigte in Abstimmung mit Eigentümer:innen darum, stellen entsprechende Schilder auf und sorgen dafür, dass die Betretungsverbote eingehalten werden.
Merksatz
Bei einer Aufforstung sollte immer bejagt werden, am besten schwerpunktmäßig, kombiniert mit Intervalljagd.
Weiterbildungsmöglichkeiten zum Thema Jagd (ohne Waffe):
Damit Sie mit Ihrem/ Ihrer Jagdpächter:in fachlich fundiert reden können, empfiehlt das BFW eine Weiterbildung zum Thema Jagd. Falls Sie noch keinen Jagdschein besitzen, finden Sie zahlreiche Kursangebote im Internet. Natürlich möchte nicht jede Person zur Waffe greifen, das ist für ein Verständnis der Thematik aber auch gar nicht nötig. Waffenfreie Kurse wären:
Jagdpädagogik-Lehrgänge (an der FAST Ossiach, FAST Pichl oder vom Landesjagdverband)
Falls Sie studieren, könnten Sie freie Wahlfächer an der Universität für Bodenkultur in Wien zu den Themen Bestimmungsübungen von Wildtieren, Jagd- und Waffenrecht, Jagdbetriebslehre und sogar Schießübungen belegen (Jagdscheinersatz möglich).
3.5.3 Einzelbaumschutz

Abbildung 10. Verbissschutz (Quelle: BFW/FAST Ossiach)

Abbildung 11. Schutzkappe. (Quelle: BFW/FAST Ossiach)
Schafwolle (Abbildung 13), Schutzkappen (Abbildung 14): Zum Schutz einzelner Triebe, vor allem des Endtriebs.
Wuchshüllen: Kunststoffsäulen zum Schutz der Stämme. Sind recht teuer, daher nur bei besonders wertvollen Einzelbäumen verwenden.

Abbildung 12. Kunststoff-Wuchshülle
Drahtkörbe: Zum Schutz der Stämme. Günstiger als Hüllen, aber müssen rechtzeitig entfernt werden, um Einwachsen in den Stamm zu verhindern.
Chemische Schutzmittel: Können aufgesprüht oder mit Pinsel aufgetragen werden. Haben unangenehmen Geruch für das Wildtier. Die chemischen Schutzmittel unterliegen einer Prüfung durch das Bundesforschungszentrum für Wald. Wir empfehlen diese allerdings nicht, da es keine umweltfreundliche Methode ist und auch die jungen Bäume und besonders Naturverjüngung geschädigt werden können. Allerdings ist die Anwendung recht einfach und könnte ihnen als kurzfristige Maßnahme dienen.
Fege- und Schlagschutz: An mechanischen Abwehrmitteln haben sich „Fegeschutzspiralen“ mehr oder weniger bewährt (Abbildung 15). Diese elastisch schraubenförmig aufgewundenen Plastikstreifen werden um den zu schützenden Stamm gewunden und haften dort dank eigener Spannung. Sie lösen sich mit der Zeit durch Ultraviolettstrahlung auf. Bei schnellwüchsigen Bäumen kann die Gefahr bestehen, dass die Spiralen sich besonders in ihrem mittleren Bereich nicht mit dem Dickenwachstum des Baumes auswinden und diesen einschnüren.
Schälschutz: Schutz muss mindestens 2 Meter hoch sein, in Lagen mit viel Schnee noch höher.
Diese Maßnahmen sind recht aufwendig und müssen kontinuierlich kontrolliert werden. Ist das Wild wirklich hungrig, wird es allerdings einen Weg finden, an die Pflanzen heranzukommen. Tritt dieser Fall auf, ist eine Zäunung der letzte Ausweg.

Abbildung 13. Fegeschutzspirale (Quelle: BFW)
3.5.4 Flächenschutz/Zäunung
Die Zäunung im Wald als Schutz vor Wildverbiss wird oft als letzte Maßnahme gewählt aus mehreren Gründen:
- Zäunung kann das natürliche Gleichgewicht zwischen Wildtieren und ihrer Umgebung stören. Wildtiere sind wichtige Akteure im Ökosystem, der Einsatz von Zäunen kann die Bewegungen von Wildtieren einschränken.
- Die Errichtung und Pflege von Zäunen sind kosten- und arbeitsintensive Maßnahmen.
- Es ist oft sinnvoller, langfristige Lösungen in Betracht zu ziehen, um das Gleichgewicht zwischen Wildtieren und Waldumbau zu finden. Dazu gehören die Förderung von natürlichen Feinden der Wildtiere, die Anpassung der Waldbaumaßnahmen und die Berücksichtigung von ökologischen Faktoren bei der Planung von Waldumbaustrategien.

Abbildung 14. Drahtzaun mit Holzpfählen im Mischwald (Mödling). (Quelle: BFW/ Anna Walli)
Obwohl Zäunung als letzte Maßnahme betrachtet wird, kann es in einigen Fällen notwendig sein, um die Waldgesundheit und die nachhaltige Bewirtschaftung zu gewährleisten, insbesondere wenn andere Methoden nicht ausreichen, um den Wildverbiss einzuschränken.
Um einen Bestand vor Rotwild zu schützen, muss auf eine Zaunhöhe von mindestens 2 m beachtet werden. Kommt nur Rehwild im Revier vor, wird eine Zaunhöhe größer 1,50 m empfohlen. Flächen größer 5 ha sollten nicht gezäunt werden. Erfahrungsgemäß ist es bei solchen Größen nicht mehr möglich, den Zaun intakt zu halten und den Jungbestand zu schützen. Grundsätzlich ist eine quadratische Fläche kostengünstiger als eine rechteckige Fläche zum Zäunen.

Abbildung 15. Maße Zäunung Rehwild

Abbildung 16. Maße Zäunung Rotwild
Auf einer quadratischen Fläche mit 1000 Jungpflanzen ist ein Zaun bei einer Flächengröße von 0,5 ha billiger als der Einzelstammschutz. Bei rechteckigen Flächen mit einem Verhältnis der Seitenlängen von 1:7 ist ein Zaun ab einer Flächengröße von 1 ha vorteilhafter als der Einzelstammschutz. Der Pfahlabstand sollte je nach Geländeneigung gewählt werden und 3 m nicht überschreiten, da das Wild sonst Schlupflöcher findet. Als Pfähle eignen sich Eiche, Akazie oder Stahl. Bei Verwendung von Holz ist der Nachteil, dass die Lebensdauer des Zaunes bei etwa 10 Jahren liegt (abhängig von Wasserhaushalt und Pfahlstärke). Das kann zum Schutz von Laubholz reichen, für Tanne reicht es nicht. Ständige Kontrollen des Zaunes sind notwendig. Holz ist allerdings ökologisch verträglicher als Draht, die Tiere erkennen es als natürliche Barriere und bleiben nicht stecken. Ein weiterer Nachteil der Drahtzäune ist, dass sie schwer zu entfernen und wiederzuverwenden sind (verknoten sich und Brombeeren und andere Vegetation wächst ein). Gängige Durchmesser sind bei Holzpfählen 9 cm – 13 cm und bei Stahlpfählen 1,5 cm – 2,5 cm.


Gegenüberstellung Zaungröße und Zaunlänge
Relativ zur Fläche nimmt die Zaunlänge kaum zu. Die Zäunung ist somit bei größeren Flächen sinnvoller.

Abbildung 19. Vergleich von eingezäunter Fläche und Zaunlänge
Ein Laufmeter Zaun (Material und Arbeit) kostet zwischen 8 bis 15 €/lfm. Ein Hektar Zäunung bei einer quadratischen Flächenform ergibt 100 m x 4 = 400 m Zaunlänge. Der Zaun kostet somit 400 m x 10 €/lfm = 4000 €.
In welchen Fällen besser keine Zäune?
Wildtierzäune sind in bestimmten Situationen möglicherweise nicht sinnvoll, je nach Lage und den örtlichen Gegebenheiten. Hier sind einige Szenarien, in denen Wildtierzäune weniger effektiv oder sogar unnötig sein können
Große Gebiete: In sehr großen, weitläufigen Gebieten können Wildtierzäune aufgrund ihrer begrenzten Reichweite und des hohen Aufwands für die Installation und Wartung möglicherweise nicht praktikabel sein:
Hohe Bau- und Wartungskosten: In Gebieten mit schwierigem Gelände (z. B. steilen Hanglagen), großen Entfernungen oder anderen erschwerten Bedingungen können die Kosten für den Bau und die regelmäßige Wartung von Wildtierzäunen sehr hoch sein. In solchen Fällen kann es wirtschaftlicher sein, alternative Lösungen zu suchen.
Schneereiche Lagen: Auch hier könnte die Hanglage problematisch sein, wenn Schneeschub den Zaun mitreißt. Außerdem muss bei Schneelage beachtet werden, dass der Zaun hoch genug ist, da das Wild sonst mit Hilfe des festgefrorenen Schnees über den Zaun springen könnte. Ebenso könnten Schneeverwehungen sich anhäufen und für solche Situationen sorgen. In schneereichen Lagen muss also besonders aufgepasst oder auf andere Schutzmethoden zurückgegriffen werden.