
Kapitel 4
Durchforstung
Durchforstung bezeichnet eine forstwirtschaftliche Maßnahme, bei der gezielt Bäume aus einem Bestand entfernt werden, um das Wachstum und die Gesundheit des verbleibenden Baumbestands zu fördern. Dabei werden vor allem schwächere oder überzählige Bäume entfernt, um Platz, Licht und Nährstoffe für die verbleibenden Bäume zu schaffen.

Abbildung 1. Durchforstung mit Auszeige (Weiß wird gefördert, Rot kommt weg) (Quelle: BFW/Rössler)
4.1 Warum durchforsten?
- Waldgesundheit:Durchforstung fördert die Gesundheit des Waldes, indem schwache, kranke oder überalterte Bäume entfernt werden, um Raum und Ressourcen für gesündere Bäume zu schaffen, denn kürzere Umtriebszeiten (Zeit bis zum Fällen) lassen das Bewirtschaftungsrisiko deutlich senken. Die Gefährdung durch Windwurf, Borkenkäfer, aber auch durch Fäule nimmt im höheren Alter stark zu. Mit einer Reduzierung von Umtriebszeit und Oberhöhe kann das Risiko bei der Bewirtschaftung vor allem bei der Fichte deutlich reduziert werden.
- Klimawandelanpassung: Durchforstung kann Teil von Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel sein, indem sie den Wald widerstandsfähiger gegenüber extremen Wetterbedingungen macht.
– > Dürren können besser überwunden werden, denn bei weniger Bäumen pro Hektar bleibt den geförderten Bäumen mehr Wasser
– > Waldbrände nehmen durch Hitze zu, aber die Reduzierung der Baumdichte kann dazu beitragen, das Risiko von Waldbränden zu verringern, da weniger brennbares Material vorhanden ist.
-> Standortangepasste Mischbaumarten werden gefördert - Ertragssteigerung: Durch das Entfernen von Bäumen mit schlechter Qualität wird der verbleibende Baumbestand gestärkt, was langfristig höhere Holzerträge und bessere Holzqualität ermöglicht.
- Holznutzung: Durchforstung ermöglicht eine nachhaltige Nutzung von Holzressourcen, um daraus Holzprodukte herzustellen
- Artenvielfalt: Eine gezielte Durchforstung kann die Vielfalt von Pflanzen und Tieren fördern, indem Lebensraum für verschiedene Arten geschaffen wird.
- Förderung von Licht: Das Entfernen von bestimmten Bäumen ermöglicht es, mehr Licht auf den Waldboden gelangen zu lassen, was das Wachstum von jungen Bäumen fördert. Außerdem können Lichtungen zur Vorbeugung von Wildverbiss beitragen, denn Kräuter und Beeren, die auf Lichtungen wachsen, bieten alternative Nahrung.
BFW-Tipp:
Günther hat einen Wald geerbt – Waldpflege ist wichtig
Förderung von Vitalität, Stabilität und Vielfalt
Die Erhöhung der Einzelbaumstabilität, die Erhaltung der Vitalität der einzelnen Bäume und die Förderung von Mischbaumarten gehören zu den wesentlichen Zielen der Bestandespflege. Starke Durchforstungseingriffe, vor allem in der Jugend, erhöhen nicht nur die Vitalität und dadurch die Resistenz gegenüber Gefährdungen, sondern verkürzen auch die Produktions- und damit auch die Gefährdungszeiträume. Vitale Bäume, die unter reduziertem Konkurrenzdruck stehen, werden mit klimainduziertem Stress durch Trockenheit leichter fertig werden. Als weiterer Effekt kräftiger Durchforstungen kann sich, vor allem auf mäßig wasserversorgten Standorten, auch eine Entlastung des Wasserhaushaltes für die verbleibenden Bäume ergeben. Angesichts sich ändernder ökologischer Rahmenbedingungen kommt einer Steuerung der Baumartenanteile in der Verjüngung hin zu möglichst risikoarmen Beständen eine große Bedeutung zu. Die Baumartenwahl spielt bezüglich der Anpassungsfähigkeit eine zentrale Rolle. Hier können bei der Pflanzung mögliche Risiken durch die Wahl geeigneter klimatoleranter Baumarten stark reduziert werden. Bei Naturverjüngung können im Zuge der Mischwuchsregulierung Baumarten mit ungünstiger Klimaprognose nur in geringfügigem Umfang berücksichtigt oder vollständig entfernt werden.
4.2 Voraussetzungen für eine Durchforstung
Je nach Entwicklungsstand eines Bestandes wird zwischen Jungwuchspflege, Dickungspflege, der Auslesedurchforstung und der Lichtwuchsdurchforstung unterschieden. Im Idealfall werden alle Pflegemaßnahmen in einem Bestand aufeinanderfolgend durchgeführt. Sehr oft gibt es jedoch die verschiedensten Gründe, warum Pflegeeingriffe verabsäumt wurden.
Stammzahlreduktion (Dickungspflege)

Abbildung 2. Stammzahlreduktion (Quelle: BFW/Fast Ossiach)
Eine Stammzahlreduktion verbessert die Stabilität, Vitalität und Qualität der Bestände. In der frühen Phase kann damit auch die Baumartenmischung gesteuert werden (Mischwuchsregulierung).
Auswirkungen auf den Bestand:
- Eine geringere Stammzahl und damit ausreichend Standraum führen zu einer höheren Stabilität und einem stärkeren Baumdurchmesser.
- Die Vitalität der Einzelbäume steigt und damit die Widerstandskraft gegen Schädlinge und Krankheitserreger.
- Das Wurzelwachstum wird angeregt.
- Höhere Aufnahmeleistung für Wasser und Nährstoffe.
- Ein Baumabstand von 2-3 m verhindert in dieser Phase Grobastigkeit.
Wann?
- Sobald die Jungpflanzen groß genug sind, um nicht mehr von Wild verbissen zu werden
- Richtwert: Höhenbereich von 2 bis 5 m.
Wie?
- Reduktion auf 1.300 bis 2.500 einigermaßen gleichmäßig verteilte Bäume pro Hektar durch Negativauslese.
- Bei der Negativauslese werden alle qualitativ schlechten Bäume, wie etwa Protzen (konkurrenzstarke, starkastige Bäume), Bäume mit schlechten Schaftformen (z.B. Zwieselbildung oder Krümmung) und nicht dem Bestandesziel entsprechende Baumarten entnommen.
- Die Erstdurchforstung der Bestände wird dann durchgeführt, wenn die grüne Krone kürzer als die halbe Baumlänge zu werden droht.
H/D-Wert
Der H/D-Wert ist das Verhältnis von Baumhöhe (in cm) zu Durchmesser, gemessen auf Brusthöhe (BHD in cm), und ist ein Maß für die Standfestigkeit eines Baumes. Stabile Bestände haben einen H/D-Wert gleich oder kleiner 80.
4.3 Ausleseprinzip der Durchforstung
Bei der Auslesedurchforstung wird berücksichtigt, dass der Großteil des Gewinns von wenigen Bäumen am Ende des Wachstumszyklus kommt. Deshalb wird ein idealer Endbestand festgelegt, der den Zielen entspricht, und sich an älteren Bäumen orientiert. Diese Ziele werden in konkrete Größen und Qualitäten umgesetzt. Die Wachstumsmuster der Baumarten dienen dabei als Hilfe. Es wird darauf fokussiert, genug Platz für die Zukunftsbäume (Z-Bäume) zu schaffen, die den größten Wert des Bestandes ausmachen. Andere Bäume werden nur so weit behandelt wie nötig, um die Hauptbäume zu unterstützen. Ob Nadel- oder Laubbäume für Industrieholz oder hochwertiges Holz gewünscht sind, ändert zwar das Erscheinungsbild der Hauptbäume, aber die grundlegende Methode bleibt gleich. Der beste Zeitpunkt zur Auswahl der Hauptbäume hängt von unserem Ziel für den Wald, der Baumart, der erreichten Höhe der Bäume und anderen Bedingungen im Wald ab.

Abbildung 4. Z-Baum (Quelle: BFW/Ruhm, Schönauer)
In Abbildung 4 sehen Sie einen optimal gewachsenen Laubholzstamm auf gutem Standort. Der Z-Baum hinterlässt seine Astspuren als innerer astiger Kern (grün), der wegen verzögerter Astreinigung in zunehmender Höhe breiter wird. Der begehrte Wertholzgürtel (braun) wird nach oben hin kleiner, bis der Qualitätsrahmen für Wertholz verlassen wird und nur mehr minderwertiges Holz produziert werden kann.

Abbildung 5. Anzahl und Abstand der Z-Bäume ab halber Umtriebszeit
4.4 Zeitpunkt der Durchforstung
Wichtig bei der Durchforstung ist der rechtzeitige Beginn, die Qualität wäre zwar später leichter festzustellen, die Stabilität hingegen erfordert ein früheres Eingreifen, solange die Baumkronen noch ausreichend lang, der H/D-Wert noch niedrig und die Bäume reaktionsfähig sind.
Erstdurchforstung:
- Bei 12-15 m Baumhöhe
- Stammzahl auf etwa 600 bis 800 Bäume pro Hektar reduzieren (großzügige Freistellung der Z-Bäume!)
Zusätzlich Verhältnis zwischen grüner Krone und Dürrastzone beachten: Sinkt die Kronenlänge des Baumes unter die halbe Baumlänge, sollte schleunigst durchforstet werden
Zweitdurchforstung:
- 20-23 m Baumhöhe
- Stammzahl auf etwa 400 bis 500 Bäume pro Hektar reduzieren
Faustformel für Stammzahl: 10.000 (m2) /Baumhöhe = Stammzahl pro Hektar
Beispiel Oberhöhe = 15 m: 10.000/15 = 666 Bäume
Nach Erreichen dieser Baumhöhen sollten die Auswahl, Markierung und erste Freistellung der Zukunfts-Stämme (Z-Stämme) durchgeführt werden.
Video: Was ist bei der Durchforstung …
Kernaussagen
=> Um den Zielbestand zu erreichen und das in einem gesunden, qualitativen Zustand, muss durchforstet werden
=> Besser zu früh durchforsten als zu spät
=> Mindestens zwei kräftige Durchforstungen, um genug Platz für die Zielbäume zu schaffen