
Kapitel 6.2
Biodiversität
6.2 Wie steht es um die Biodiversität meines Waldes?
Die wirksamste Erhaltung der Biodiversität im Wald erfordert ein umfassendes Management, das auf nachhaltige Forstwirtschaft, Schutzgebiete, die Reduzierung von Umweltverschmutzung, die Eindämmung des Klimawandels und die Bekämpfung invasiver Arten abzielt
Im Rahmen des Projektes „Biodiversitätsmonitoring mit Waldbewirtschafter:innen“ schauen über 800 Waldbewirtschafter:innen österreichweit bewusst auf die Vielfalt in unseren Wäldern. Sie beobachten ausgewählte Lebensräume, Tiere, Pflanzen und Pilze und stellen Zusammenhänge zwischen der Artenvielfalt und unserer Bewirtschaftung her. Das Projektteam (ÖKL, BFW, LWK, Umweltbüro, Biosa, Lacon, ) bietet waldökologische Betriebsgespräche an und hilft anderen interessierten Waldbewirtschafter:innen dabei, die Vielfalt in den eigenen Wäldern bewusst neu zu erleben und ihren Wert zu erfassen. Das Projekt wird aus Mitteln der Europäischen Union, Bund und den Ländern im Rahmen der Ländlichen Entwicklung finanziert (www.biodiversitaetsmonitoring.at/waelder).
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6.2.1 Biodiversitätsindikatoren
Unter Biodiversitätsindikatoren versteht man sowohl Artengruppen als auch Strukturelemente (s. Abbildung 1). Zu den Artenindikatoren zählen Gliederfüßler (insbesondere Insekten), Vogelarten, Pilze, Säugetiere (insbesondere Fledermäuse), Amphibien, Reptilien, sowie Gefäßpflanzenarten. Indikatoren der Strukturelemente der Biodiversität beziehen sich auf geschützte Habitate (Lebensräume), Baummikrohabiate, Sonderstandorte (z.B. Blocksteinhaufen, nicht-wasserführende Wildbäche etc.) und Totholz. Diese werden zu unterschiedlichen Graden von verschiedenen Bewirtschaftungsmaßnahmen beeinflusst und können dadurch gezielt gefördert werden. Um die Auswirkungen der Bewirtschaftungsmaßnahmen zu beurteilen, hat das BFW Beobachtungsschwerpunkte (Indikatoren) eines Waldmonitorings definiert, die zur Abschätzung der Wirkung der Waldbewirtschaftung verwendet werden können.

Abbildung 1. Biodiversitätsindikatoren
6.2.2 Managementindikatoren
Man kann anhand von bestimmten Messgrößen im Management feststellen, wie verfügbar und in welcher Qualität die Lebensräume für die verschiedenen Arten sind, die man untersuchen möchte. Aber um herauszufinden, wie sich diese Arten tatsächlich entwickeln, muss man sie direkt untersuchen, und das erfordert Spezialist:innen. Die Messgrößen im Management hingegen können in der Regel von Forstfachleuten im Rahmen eines Waldbestands-Monitorings erhoben werden. Viele der Daten, die im Waldbestands-Monitoring gesammelt werden, betreffen die Struktur der Bestände und wie intensiv sie bewirtschaftet werden. Diese Daten können gleichzeitig als Hinweise dafür dienen, wie man Maßnahmen zur Förderung und Erhaltung der Artenvielfalt im Wald umsetzen kann.
Managementindikatoren dienen der Beurteilung des Vorkommens und der Qualität potenzieller Lebensräume und werden in 7 Gruppen zusammengefasst (s. Abbildung 2):

Abbildung 2. Managementindikatoren
Verjüngung ist ein wichtiger Indikator, da es grundsätzlich für einen gesunden Wald spricht, wenn er sich ohne menschlichen Einfluss vermehrt. Ob dadurch die Biodiversität steigt, hängt aber unter anderem von der Baumartenzusammensetzung ab. Womöglich kann sich nur eine Art durchsetzen oder die anderen wurden vom Wild verbissen. Einheimische Baumarten bieten bessere Voraussetzungen als nicht-heimische Baumarten, denn andere Lebewesen konnten sich bereits auf diese spezialisieren und sind von ihnen abhängig, während nicht-heimische Baumarten möglicherweise weniger in Beziehung stehen mit dem Ökosystem. Wenn der Anteil nicht-heimischer Baumarten im Bestand zu hoch ist, kann das darauf hindeuten, dass diese Arten einheimische Arten verdrängen.
Totholz und verschiedene Habitate kann der Wald praktisch nie genug haben. Sie bieten unzählige Möglichkeiten für Insekten, Pilze, Vögel, etc. um sich zu etablieren. Kronen- und Bestandesstruktur sorgen ebenfalls für Vielfalt, denn verschieden hohe Baum- und Strauchschichten, dichte dunkle, sowie offene und helle Stellen im Bestand, sowie verschiedene Altersklassen bringen Abwechslung und können mehr Pflanz- und Tierarten beherbergen als z. B. ein einschichtiger, dichter Bestand, der nur schattenliebenden Arten Möglichkeiten bietet.
Die Bewirtschaftungsintensität hat logischerweise auch großen Einfluss auf das Geschehen, denn je öfter und stärker der Mensch eingreift und je mehr Forststraßen sich durch den Wald ziehen, desto gestörter und beeinflusster ist die Natur und wird geschädigt. Jede Bewirtschaftungsmaßnahme sollte daher bedacht gewählt und möglichst schonend für den Wald durchgeführt werden (wie in vorherigen Kapiteln bereits thematisiert wurde). Es gibt Bestände, die schon so gestört sind, dass sie ohne weitere Eingriffe nicht mehr in einen naturnahen Zustand zurückkehren können. Diese müssen durch gezielte Maßnahmen wie Aufforstungen und Wildtiermanagement unterstützt werden.
6.2.3 Invasive Arten
„Invasive gebietsfremde Arten“ sind gebietsfremde Arten, deren Einbringung oder Ausbreitung die Biodiversität und die damit verbundenen Dienstleistungen der Ökosysteme (zum Beispiel Schutz vor Naturgefahren, sauberes Wasser) gefährden oder nachteilig beeinflussen. Solche Beeinträchtigungen sind zum Beispiel die Verdrängung heimischer Arten bis hin zu deren Aussterben, die Übertragung von Krankheiten, Beeinträchtigung der Lebensräume, usw. Die Schäden, die durch invasive gebietsfremde Arten in Europa verursacht werden, werden in einer EU-Studie mit 12 Milliarden Euro pro Jahr beziffert“ (BMK, o.J.).
Klassische Beispiele, die auch starke Forstschutzrelevanz haben, sind der Borkenkäfer und der Eschen-Pilz (die schon im Kapitel Forstschutz vorgestellt wurden). Relevante Beispiele aus dem Pflanzenreich sind z. B. der Riesenbärenklau und das Drüsige Springkraut. Beide Arten vermehren sich schnell und bilden dichte Bestände entlang von Flussufern und feuchten Waldgebieten. Sie konkurrieren mit einheimischen Pflanzen um Licht, Wasser und Nährstoffe, was zur Verdrängung der heimischen Vegetation führen kann und auch den Boden stark beeinfluss.
Weitere relevante Arten, die im Wald oder am Waldrand vorkommen können: